29.11.2017

Cob Normand

Der Cob Normand ist einer der neun französischen Zugpferderassen. Er kommt, wie der Name schon sagt, aus der Normandie. Das Hauptzuchtgebiet ist die Manche, die Halbinsel die in den Ärmelkanal hineinreicht. Er stellt einer der drei Typen des früheren Anglo-Normannen dar. Der erste Typ war früher ein beliebter Karossier, der zweite war ein Reitpferdetyp, der im Selle Français aufging, heute auf Springeigenschaften gezogen wird und Weltruf genießt (z. B. Almé, Furioso II, Cor del la Bryére etc.). Der dritte ist der Cob-Typ. Heute ist das Hauptzuchtgebiet die Manche. Aber auch im Départment Calvados werden Cob Normandʼs gezüchtet, genauso wie im Départment Orne.

Früher war er das normannische Ritterpferd, dann wurde er von den Bauern zur Arbeit verwendet. Als die Mechanisierung in der Landwirtschaft das Pferd verdrängte, musste auch der Cob Normand schwere Einbußen hinnehmen. Viele Stuten dienten auch hier bei der Umzüchtung zum Reitpferd. Durch seinen Halbbluttyp unterscheidet sich der Cob Normand deutlich von anderen Zugpferderassen.

Er hat wesentliche Warmblutmerkmale, die ihn genealogisch auch zur Anpaarung mit schweren Warmblutstuten prädestiniert. Die Württemberger Warmblutzucht wurde ca. vor 100 Jahren mit Normannischen Hengsten begründet (z. B. Faust). Ebenso fanden immer wieder gute normannische Hengste den Weg nach Oldenburg und Ostfriesland. Heute hat der Cob Normand in Belgien einen neuen Typ innerhalb der Rasse Ardenner begründet, mit Ardenner Stuten gepaart ergibt es ein leichteres, gängigeres Kutschpferd mit dem Namen Aratelle. In Deutschland ist der Cob Normand gegenüben den Percherons, die auch aus der Normandie kommen, relativ unbekannt. In Frankreich gab es im Jahre 2000 ca. 65 Hengste, die aktiv Einfluss auf das Zuchtgeschehen hatten; ca. 800 Stuten wurden dort jährlich gedeckt und ca. 600 Fohlengeburten registriert. Jetzt stimmt es bedenklich, dass 2016 nur noch 184 Fohlen geboren wurden, die von den nur noch 31 Hengsten abstammen.

Ein Hengst deckt in Belgien, zur Erzeugung von gängigen Kutschpferden in der Anpaarung mit Ardenner Stuten. In Deutschland dagegen deckt nur ein Hengst im Würtemberger Haupt- und Landgestüt Marbach an der Lauter, um das alte Würtemberger Pferd, das auf Cob Normand Basis entstanden war und mittlerweile so gut wie ausgestorben gallt rück zu züchten. Die Zahl der Cob Normand Stuten lässt sich in Deutschland an einer Hand abzählen.

Früher war in Frankreich ein Fohlen automatisch ein Cob Normand, wenn sein Vater ein Cob Normand-Hengst war, heute ist hier auch Reinzucht angesagt: erst wenn 7/8 Blutanteil Cob Normand sind, hat das Fohlen Chancen, ins Stutbuch eingetragen zu werden. Als Fleischproduktion noch die Hauptabsatzmöglichkeit war, wurde nur Rasse produziert, doch heute hat sich auch in Frankreich vieles geändert; junge Pferde durchlaufen auch hier ein Qualifikations- und Prüfungssystem, ähnlich wie das in Deutschland.

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Cob Normandʼs kommen als Braune oder Füchse vor, es gibt auch Rappen, und Schimmel gab es nur in einer Zuchtlinie im Süden der Manche. Sie sind aber nicht gerne gesehen und so gut wie verschwunden. Das Stockmaß liegt zwischen 160 und 170 cm, kann aber nach oben und unten um einige Zentimeter abweichen. Durch ihr ruhiges Temperament und ihren guten Charakter eignen sie sich besonders als Kutschpferde oder auch als ruhige Reitpferde für ängstliche oder ältere Reiter. Bei Fahrtwettbewerben liegen Cob Normandʼs oft ganz vorne, sie verfügen über mehr Gangvermögen als die meisten anderen Kaltblüter und sind beweglicher und leichfüßiger.

St. Lo ist die Hochburg der Zucht. Hier stehen die meisten Hengste im Nationalgestüt; ca. 35 % aller Stuten stehen hier im Zuchtgebiet. Ein weiterer Zuchtschwerpunkt liegt in Westfrankreich, wo etwa 25 % der Stuten stehen. Der Rest ist verteilt auf die Pyrenäen und das Zentralmassiv; aber dort dienen sie der Fleischproduktion, leichtere Hengste mindern auch hier die Schwergeburten, und das ist auf den Almen und Hochweiden wichtig. Die Privathengsthaltung nimmt auch ständig zu, gab es vor 20 Jahren nur Staatshengste, so hat auch Frankreich in Zeiten immer leerer werdender Staatskassen die Hengsthaltung eingeschränkt. Dort kostet das Decken einer Cobstute 50 Euro, dafür kann natürlich kein Privathengst decken. Ihr Anteil liegt mittlerweile auch schon bei fast 50%. 1997 wurden die ersten Cob Normandstuten künstlich besamt, im Jahre 2000 waren es schon über 400, von etwas über 800 gedeckten Stuten. Beängstigend ist auch hier, wie bei fast allen französischen Kaltblutrassen, die enge Blutsverwandtschaft. Darauf hat niemand in Zeiten der Fleischproduktion geachtet. Bei den Percherons wurden schon Hengste aus Amerika importiert, Trait du Nord und Auxiois greifen auf Belgierhengste zurück.

Erstaunlich ist, wie der Fahrsport mit Kaltblütern in Frankreich blüht. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Boom anhält, nur dann ist auch gesichert, dass genügend gute Pferde in die Zucht gelangen und wichtige Fahreigenschaften nicht verloren gehen.

Cob Normandʼs in Deutschland

In Deutschland gibt es nicht viele dieser Pferde. Einige sind durch die Equitana ins Land gekommen, andere durch Händler, aber gezüchtet wurde damit bis vor wenigen Jahren noch nicht. Diese Importpferde sind immer Kutsch- und Freizeitpferde, ihre Zahl liegt etwa bei 10-15 Pferden. Erst durch den Import der Cob Normandfohlen Héron und Harmonie änderte sich hier einiges, Héron wurde gekört und als Zuchthengst in Hessen anerkannt, Harmonie hat auf ihrer ersten Vorstellung auf der Kaltblutlandesstutenschau in Usingen beeindruckt, ein Züchter am Rande des Ringes meinte „Die stampft ja nicht, die bewegt sich ja“ und damit den Sieg in ihrer Klasse davon getragen. Leider wurde sie nur einmal zur Zucht verwendet, ihr Nachkomme Hérons Havanna ist die einzige eingetragene Stute dieser Rasse außerhalb des Originalzuchtlandes.

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Héron hat, da die Stutenbasis so klein ist, Stuten verschiedener Kaltblutrassen gedeckt. So hat er Nachkommen mit Süddeutschen Kaltblütern, mit Rheinischdeutschen und sogar mit Warmblutstuten. Ein männlicher Nachkomme, von einer Cob Normandstute steht in Mecklenburg/Vorpommern, allerdings nicht gekört, aber von besonders guter Qualität, da er auch von einem sehr guten französischen Stutenstamm kommt.

Alle in Deutschland gehaltenen Cob Normandʼs sind gute und zuverlässige Pferde, Héron hat dies unter Beweis gestellt, als er die meisten Punkte eines Hengstes bei der Zugleistungsprüfung 1999 in Dillenburg erzielte. Er wurde, bis zu seinem Tod, im März 2016, als Kutsch- und Reitpferd, eingesetzt und ab und zu durfte er mal eine Stute decken, immer klar im Kopf, egal ob in der Gruppe bei einer Ausfahrt, oder einem Ritt durch die herrliche Landschaft des Vordertaunus.

Die wenigen Cob Normandʼs werben in Deutschland für eine Pferderasse, die eigentlich vielseitiger nicht eingesetzt werden kann: Pferde, klar im Kopf, und mit ruhigem Temperament. Was wollen Freizeitreiter mit Pferden, die 2 m hoch springen und einen Schwung haben, der sich nicht aussitzen lässt? Was wollen Freizeitfahrer mit Pferden, die man täglich arbeiten muss, nur damit sie „bei Laune“ bleiben und die Nerven behalten?